· 

Starke Frauen



Dies ist kein feministischer Artikel. Vielmehr geht es um Teilnehmerinnen aus meinen Yogakursen. Ich habe mich bewusst dafür entschieden ihn unter die Kategorie "Menschen und ihr Schicksal“ zu stellen und nicht unter "Yoga“, weil er hauptsächlich von Frauen nach bzw. mit einer Krebserkrankung handelt und wie sie mit ihrem Schicksal umgehen. Natürlich will ich auch die anderen Teilnehmerinnen nicht außer Acht lassen, denn für mich ist jede Einzelne von ihnen eine starke Frau - eine Yogini.

 

Warum Yogini? Wie vielleicht manche wissen bedeutet das Wort Yoga Einheit, Harmonie oder Verbindung. Eine Yogini ist also jemand, die Harmonie und Verbindung vertiefen und in ihrem Leben haben möchte. Eine Yogini kann eine Frau sein, die Yoga übt, eine Yogalehrerin oder auch eine Yogameisterin, eine erleuchtete Frau mit unbändiger Leidenschaft, spirituellen Kräften und tiefer Einsicht. Aber auch ihre menschlichen Anhängerinnen werden als Yoginis bezeichnet.

 

Im mittelalterlichen Hinduismus und später im tantrischen Buddhismus werden Yoginis, als weibliche Yogis mit göttlichen oder halbgottartigen Kräften bezeichnet  – starke Frauen.


Stark sein bedeutet nicht, nie zu fallen. Stark sein bedeutet immer wieder aufzustehen!

(Lebensspruch)


 

Doch nun zum eigentlichen Thema. Neben den Frauen, die auch ihr Päckchen zu tragen haben – und damit schließe ich mich nicht aus - besuchen auch welche mit einer Krebserkrankung meine Kurse. Zu Beginn der Stunde findet manchmal ein kurzer Austausch über das Befinden jedes Einzelnen ab. So erfährt man auch über das eine oder andere Schicksal der Frauen etwas.

 

Es beeindruckt mich zutiefst, mit welcher Aufgeschlossenheit die Betroffenen über ihre Erkrankung sprechen, die ganz und gar nicht handlungsunfähig, sondern selbstwirksam sind.

 

Auch wir, die nicht Nichtbetroffenen haben Empathie für diese Frauen, was wiederum zur Selbstempathie beiträgt. Sie finden heraus, was sie fühlen und brauchen, was ihnen gut tut. Genau das ist auch das Schöne an Menschen, die Yoga machen. Sie sind Menschen mit Tiefgang. Sie sind empathisch, sie sind aufmerksam und vor allem haben sie Bewusstsein, nicht nur für sich und ihren Körper, sondern auch für ihr ganzes Umfeld.


Starke Frauen stärken Frauen.

(Titel einer feministischen Ausstellung in Cuxhaven im Oktober 2017)


 

Wo immer wir unser Bewusstsein anwenden, trägt es zum Wohle nicht nur für uns selbst, sondern auch für andere bei. Das heißt, wenn wir im jetzigen Augenblick und mit all unseren Sinnen genau bei dem sind, was wir gerade tun, führt dies zur Achtsamkeit.

 

Somit handelt es sich bei Achtsamkeit um einen klaren Bewusstseinszustand, der es erlaubt, jede Situation im gegenwärtigen Moment zuzulassen, ohne sie zu bewerten.

 

Mit zunehmender Achtsamkeit legen wir alte Gewohnheiten und unbewusstes Verhalten ab, was zu einem angemessenen und selbstbewussten Handeln führt, zu Mut und Stärke.

 

Es ist erwiesen, dass bei einer Krebserkrankung der Wille zu einer gesünderen Lebensweise steigt, was wiederum die Selbstheilungskräfte der Betroffenen aktiviert. Sie geben sich nicht auf, schauen nach vorne und bauen innere Stärke auf. Yoga unterstützt dies. Es ist wie ein Achtsamkeitstraining.

 

Von den mentalen Heilungskräften einmal abgesehen, geht es in meinen Kursen nicht um Akrobatik bzw. wie sehr sich die Teilnehmerinnen verbiegen können. Es geht vielmehr um das Spüren des eigenen Körpers. Deshalb ist es wichtig ihnen zu vermitteln, dass es bei Yoga nicht um einen Wettwerb geht, sondern darum die Muskelkraft und die Dehnfähigkeit zu erhalten, die Gedanken zu beruhigen und Vertrauen in die eigene innere Stärke zu haben. Zu viel Ehrgeiz wäre hier nicht sinnvoll. Die Betroffenen können dann selbst entscheiden, ob oder wie sie die Asanas (Yogaübungen) ausführen möchten.

 

Fazit: Durch Yoga kann das eigene Potenzial geweckt werden, der Körper kann gesunden, der Geist kann klar werden und uns zu mehr Bewusstsein im Umgang mit uns selbst und somit zur Achtsamkeit führen. Verschiedene Studien konnten belegen, dass das regelmäßige Durchführen von Yogaübungen nachweislich die Lebensqualität von Krebspatienten verbessert und somit unterstützend zur Heilung beitragen kann.


Deine Seele weiß immer, was sie tun muss, um sich selbst zu heilen.

Die Herausforderung ist es deinen Verstand zum Schweigen zu bringen.

(Caroline Myss, medizinisch-intuitive Mystikerin, Bestseller-Autorin)


Was ganz sicher auch noch zur Genesung beiträgt, ist die Gruppendynamik. Die Teilnehmerinnen sind dadurch motivierter und können sich besser fallen lassen.

 

Hervorzuheben ist die Energie, die entsteht, wenn mehrere Yogi(ni)s zusammen praktizieren. Ganz sicher ist der Raum, den wir schon seit längerer Zeit als Kursraum nutzen, mit positiver Energie geladen. Das wirkt sich natürlich positiv auf alle aus.

 

Wir bewundern die Frauen, die die Kraft und den Mut aufbringen ihren Alltag mit dieser Krankheit zu meistern.

 

Die auch mit einer Hormontherapie, unter der ihnen manchmal Knochen und Muskeln schmerzen, oder die nach einer Operation Narben oder ein Lymphödem davon tragen, oder nach einer Chemotherapie ein Taubheitsgefühl in den Gliedern verspüren, die Stärke haben mit uns auf der Matte zu stehen.


Stark sein bedeutet nicht immer, an allem festzuhalten. Stark sein heißt sehr oft lernen

loszulassen und weiterzuleben.

(Spruechewelt.com)



Das Highlight jeder Stunde ist für die meisten Teilnehmerinnen die Abschlussentspannung, was ich ihnen nicht verdenken kann. Während dieser kurzen Auszeit werden oft Sorgen und Probleme relativiert, die zuvor unüberwindbar erschienen, sowie die Regeneration und das Wohlbefinden gesteigert. Nach einer kurzen Tiefenentspannung fühlt man sich meist entspannt und ausgeruht, hat wieder Kraft getankt und ist motivierter sich den Widrigkeiten des Lebens zu stellen. Was das Tanken neuer Energien angeht, sagt man auch, dass eine Viertelstunde Tiefenentspannung (Yoga Nidra) drei Stunden Schlaf ersetzen können.

 

Bei allen Entspannungsverfahren stehen Körper und Geist in ständiger Interaktion und beeinflussen sich gegenseitig. Dadurch führt geistige Entspannung zu körperlicher Entspannung und umgekehrt. Was immer die Betroffenen zu ihrem eigenen Wohlempfinden beitragen, was immer sie an Methoden wählen, um sich zu entspannen, eines ist sicher: Es erhöht ihre Lebensqualität, ihren Lebenswillen und damit ihre Kraft im Kampf gegen die Krankheit.

 

Wenn ich am Ende jeder Stunde in die entspannten und zufriedenen Gesichter der Teilnehmerinnen schaue, ist dies wie ein Segen und eine große Bereicherung für mich.

 

Mein Dank, gilt all den Yoginis durch die ich bin - starke Frauen.

 

Namasté

Eure Tanja


Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Kiki (Dienstag, 20 März 2018 10:56)

    Was für ein toller Artikel. Von eine starke Frau (mit all ihren Schwächen) geschrieben!

  • #2

    Tanja (Dienstag, 20 März 2018 11:22)

    Herzlichen Dank, liebe Kiki! Es freut mich sehr, dass Dir mein Artikel gefällt. Wir alle haben unsere Schwächen. Das Gute ist, dass wir - wenn wir sie erkennen - daran arbeiten können.
    Alles Liebe
    Tanja